Vor 75 Jahren endeten der II. Weltkrieg in Europa und die NS-Diktatur – Die Herausforderungen enden nicht!

Heute vor 75 Jahren endete der II. Weltkrieg in Europa mit der Kapitulation der deutschen Streitkräfte. Das Kriegsende bedeutete zugleich auch das Ende der menschenverachtenden Terror- und Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten.

Zum „Tag der Befreiung“  am 8. Mai erklären die Vorsitzenden der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, FDP sowie der Abgeordneten des SSW Tobias Koch, Dr. Ralf Stegner, Eka von Kalben, Christopher Vogt und Lars Harms:

Heute vor 75 Jahren endete der II. Weltkrieg in Europa mit der Kapitulation der deutschen Streitkräfte. Das Kriegsende bedeutete zugleich auch das Ende der menschenverachtenden Terror- und Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten. Es muss daran erinnert werden, dass dieses Regime mehr als ein Jahrzehnt von einem Großteil des deutschen Volkes getragen und unterstützt wurde. Die anständigen und redlichen Menschen in unserem Land waren allein nicht in der Lage, den Nazis Einhalt zu gebieten und so wurden Millionen Menschen ihrer Rechte beraubt, verfolgt, gefoltert und ermordet. Dankbar können wir Deutsche auch dafür sein, dass wir trotz der Verbrechen, die von unserem Land ausgegangen sind, die Chance bekamen, in die Gemeinschaft der zivilisierten Staaten zurückzukehren. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Deutschland, wie wir sie heute kennen, wären ohne die vollständige Vernichtung des Naziregimes nicht möglich gewesen.

In Ostasien mussten die Menschen noch fast ein halbes Jahr länger unter Krieg und Massenverbrechen leiden. Die Befreiung der Insassen der Konzentrations- und Vernichtungslager kam für Millionen Menschen zu spät. 60 Millionen Menschen starben als Soldaten, als Zivilisten und als Opfer von Völkermord und Verfolgung. Die Vertreibung von Millionen Deutschen aus Osteuropa wirkte sich auf unser Bundesland in ganz besonderem Maße aus. Viele Folgen dieses Krieges dauern bis heute an.

Westdeutschland erhielt die parlamentarische Demokratie nach dem Krieg nicht als Errungenschaft der deutschen Demokratinnen und Demokraten. Aber es ist das gemeinsame Verdienst aller demokratischen Parteien und aller demokratischen Bürgerinnen und Bürger, dass die Bundesrepublik Deutschland ein Erfolgsmodell geworden ist und dass sie nunmehr bereits im achten Jahrzehnt als starke, stabile und wirtschaftlich prosperierende Demokratie international geachtet wird.

Unser Bundesland Schleswig-Holstein hat gemeinsam mit den Minderheiten und dem Königreich Dänemark weltweite Maßstäbe in der Minderheitenpolitik gesetzt. Sowohl mit unseren skandinavischen Nachbarn als auch mit den Staaten des Ostseeraumes, von denen fast alle unter deutscher Besatzungsherrschaft gelitten haben, stehen wir heute in engem politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Austausch.

Die Spaltung Europas und Deutschlands in den Jahren des Kalten Krieges konnte friedlich überwunden werden, und wir sind dankbar, dass die deutsche Einheit politisch ermöglicht werden konnte. Doch mussten wir mit Schrecken erleben, dass gleichzeitig Nationalismus und kollektiver Hass Teile Europas in Kriege stürzten. Auch in Deutschland wurden und werden zahlreiche Morde, Gewaltverbrechen und Propagandataten aus Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit heraus begangen.

Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat mehrfach mit Scham und Bedauern festgestellt, dass in Schleswig-Holstein, wo der Nationalsozialismus früher als in anderen Regionen Deutschlands stark verankert war und wo im Mai 1945 das NS-Regime seinen letzten Rückzugsort fand, zahlreiche ehemalige Nationalsozialisten wieder in politische Verantwortung und in einflussreiche Positionen aufrücken konnten, statt sich vor Gericht verantworten zu müssen. Wir haben uns dazu bekannt, dass es kein Vergessen der Ursachen und der Urheber von Krieg und Völkermord geben kann und darf.

Die Fraktionen von CDU, SPD, Bündnis90/ Die Grünen, der FDP und die Abgeordneten des SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag

  • bekennen sich anlässlich des 75. Jahrestag der Befreiung und des Kriegsendes in Deutschland erneut zu seiner historischen Verantwortung und zur Aufarbeitung der Geschichte der Institutionen des Landes nach 1945;
  • stellen fest, dass die Abwehr von Nationalismus, Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit für das Land, das den Nationalsozialismus und die Shoah hervorgebracht hat, noch mehr als für andere Länder eine dauernde Aufgabe bleibt;
  • sehen die politische und geschichtliche Bildung innerhalb und außerhalb der Schule für Frieden und Demokratie als Schwerpunktaufgabe des Landes;
  • bekräftigen ihre Auffassung, dass Demokratie und Frieden keine Selbstverständlichkeiten sind, sondern den täglichen Einsatz der politisch Verantwortlichen und aller Bürgerinnen und Bürger voraussetzen;
  • unterstützen die Initiative aus der Zivilgesellschaft, am 8. Mai zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Verfolgung aufzurufen.